Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Am 14. September 2022 brachte die Bundesregierung das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) auf den Weg. Der Deutsche Bundestag hat das JStG 2022 am 10. Oktober 2022 verabschiedet, der Bundesrat hat dazu am 28. Oktober 2022 eine umfassende Stellungnahme abgegeben. Da der Gesetzesentwurf nicht auf der Tagesordnung der Plenarsitzung des Bundesrats am 25. November 2022 steht, wird der Bundesrat voraussichtlich am 16. Dezember 2022 abschließend über das Gesetz beraten, so dass das Gesetz Ende 2022 in Kraft treten könnte.

Neue steuerliche Bewertungskriterien für bebaute Grundstücke

Mit dem Passus „Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung“ ändern sich eine Reihe von Stellschrauben bei den steuerlichen Bewertungsvorschriften.

Die neuen Vorgaben zur Wertermittlung von Immobilien folgen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte die bisherige Praxis moniert, nach der sich steuerliche Immobilienwerte teilweise noch nach den fortgeschriebenen Einheitswerten aus den 1930er-Jahren ausrichteten. Seither sollen sich diese am „gemeinen Wert“ – also am realisierbaren Verkaufspreis – orientieren.

Aufgrund der überwiegend gestiegenen Immobilienpreise fühlte sich der Gesetzgeber wohl berufen, die Bewertungsregeln zu verschärfen. Damit kann auch eine deutliche Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungssteuer ab dem 1. Januar 2023 einhergehen. Immobilienverbände halten Steigerungen von 20 % bis 30 % für durchaus realistisch.

Auch Gewerbeimmobilien sind betroffen

Die Änderungen können sowohl selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungen als auch Gewerbeimmobilien und vermietete Häuser betreffen. Für diese wird das sogenannte Ertragswertverfahren herangezogen, bei dem die erzielte Miete abzüglich der Kosten ausschlaggebend ist. Bisher konnten Eigentümer für die Kosten eine großzügige Pauschale geltend machen. Künftig müssen sie alles detailliert nachweisen, was in der Regel zu deutlich niedrigeren Abschlägen führen kann. Zudem soll der Liegenschaftszins neu geregelt werden, um dem gesunkenen Zinsniveau Rechnung zu tragen.

Übertragung von Immobilien noch vor dem 1. Januar 2023

Wer noch von der alten Regelung profitieren will, muss sehr schnell sein, der Jahresendspurt bei Steuerberatern, Anwälten und Notaren wird in diesem Jahr besonders stark ausfallen. Wer plant, Immobilieneigentum beispielsweise an seine Kinder zu übertragen, sollte prüfen lassen, welche Auswirkungen die neuen Regeln in seinem Fall hätten und ob es Handlungsbedarf gibt. So bestehe noch die Chance, die bis zum Ende des Jahres 2022 bestehenden alten Bewertungsregelungen für die Übertragung zu nutzen.

Keine unüberlegten Vertragsabschlüsse

Dennoch sollte dringend vermieden werden, aufgrund des zeitlichen Drucks vorschnelle und unüberlegte Verträge abzuschließen, die dann nicht mehr rückgängig zu machen sind. Insbesondere bei Übertragungen von privaten Eigenheimen dürften die Auswirkungen des Gesetzes nicht so drastisch ausfallen, wie vielfach behauptet wird.

Auch die Auswirkungen der angepassten Liegenschaftszinssätze sollte im Einzelfall geprüft werden, da dieser nur greift, wenn er nicht ohnehin bereits vom örtlichen Gutachterausschuss festgelegt wurde. Hierbei führen die Vorgaben der Gutachterausschüsse tatsächlich häufig zu höheren Wertansätzen, als die, aus den vom Bewertungsgesetz ersatzweise vorgegebenen Zinssätzen abgeleiteten, pauschalierten Bewertungen.

In jedem Fall sollte fachkundig geprüft werden, ob der Steuerpflichte überhaupt von den geänderten Regelungen betroffen ist. Auch in diesem Fall besteht zukünftig weiterhin die Möglichkeit, mittels eines qualifizierten Sachverständigengutachtens einen niedrigeren Verkehrswert nachzuweisen.

Zudem sollten die vielfältigen rechtlichen Möglichkeiten eruiert werden, mit denen sich der Eigentümer einer Immobilie gegenüber dem Beschenkten absichern kann. So kann durch die Vereinbarung eines Nießbrauchsrechts an der Immobilie diese weiterhin selber bewohnt oder die Miete behalten werden. Diese Regelung wirkt sich auch auf die Ermittlung des steuerpflichtigen Wertansatzes aus. Auch durch weitere Verfügungen kann sich der Schenker gegenüber dem Beschenkten umfangreich absichern. All diese Vereinbarungen müssen in den Vertrag aufgenommen werden und sollten daher vorher sorgfältig geprüft werden, damit das Finanzamt die Übertragung auch steuerlich anerkennt.

Weitergehende Informationen

Den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) finden Sie als › PDF auf der Seite des Deutschen Bundetags.

Weitere Materialien zum JStG 2022 finden Sie auf › der Seite des Bundesministeriums der Finanzen.

Hier können Sie › die Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks. 457/22 vom 10. Oktober 2022) nachlesen.

Zu einer umfassenden Darstellung der durch das Jahressteuergesetz 2022 vorgesehenen Änderungen des Bewertungsgesetzes vgl. Hörster, NWB, Heft 40/2022, 2826.

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/MJ